Mastodon – Open Source Twitter Alternative

Aufgrund der aktuellen Gegebenheiten bei Twitter, sind in jüngster Zeit viele Nutzer zu Mastodon gewechselt. Einer Open Source-Twitter-Alternative, die sich als Microblog zu erkennen gibt. Seit dem 27. Oktober hat Mastodon viele neue Nutzer gewonnen und damit seine Nutzerbasis signifikant vergrößert. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags, also am 15.11.2022, 12:02 Uhr, beträgt die Anzahl der monatlich aktiven Nutzer stolze ca. 1,8 Millionen.

Was ist Mastodon?

Mastodon, 2016 von dem deutschen Softwareentwickler, Eugen Rochko, aus Berlin, gegründet. Im Gegensatz zu den beliebten kommerziellen Social-Media-Plattformen, ist Mastodon Open Source. Folglich dient die Anwendung im Idealfall dem Ziel, der Öffentlichkeit einen Mehrwert zu schaffen und nicht primär irgendwelchen Aktionären.

Den Begriff Open Source habe ich bereits mehrfach in meinen Beiträgen erwähnt und werde es in einem der nachfolgenden Beiträge genauer erklären. Laut seiner Aussagen in seinem Blog arbeitete Eugen Rochko 5 Jahre lang als Einzelunternehmer an dem Projekt, mit dem er unter anderem auch seinen Lebensunterhalt bestritt, bevor er sich als Angestellter des gegründeten Unternehmens ein Gehalt ausgezahlt hat. 8 Jahre sollen die juristischen Angelegenheiten für die ordnungsgemäße Gründung gefressen haben.

(Hatte ich schon erwähnt, wie toll Deutschland als Gründungsland und Tech-Standort funktioniert? 😉)

Laut seiner Aussagen, konnten mehr Ressourcen für Dinge wie die Einstellung zusätzlicher Entwickler, UX-Designer, die Entwicklung offizieller Apps usw. aufgebracht werden. Im Juni 2021 konnte dann die Mastodon gGmbH (gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung) offiziell eingetragen werden. Eine kurze Erklärung, was eine gGmbH ist, erfolgt gleich im Anschluss.

Was ist eine gGmbH?

Eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist im Grunde genommen ähnlich strukturiert wie eine gewinnorientierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Mit ein paar wichtigen Unterschieden:

  • Die Gründungsurkunde der Gesellschaft ist so verfasst, dass die Tätigkeit der Gesellschaft auf Ziele ausgerichtet ist, die der Allgemeinheit zugute kommen
  • Die Gesellschafter dürfen keine Einkünfte aus der Tätigkeit der Gesellschaft erhalten und können höchstens die Gelder abheben, die sie ursprünglich eingezahlt haben
  • Die Mitarbeiter dürfen keine außerordentlich hohen Löhne erhalten und die Gesellschaft kann Spenden erhalten, die dann steuerfrei sind, obwohl alle anderen Einkünfte, die nicht der Definition einer Spende entsprechen, weiterhin mit verschiedenen Steuern belegt werden
  • Um eine solche juristische Person zu gründen, muss die Gründungsurkunde einer Prüfung durch das Finanzamt standhalten und die Gründer müssen ein Startkapital von 25.000 EUR einzahlen, wie es bei einer GmbH üblich ist.

Weiter mit „Was Mastodon eigentlich ist…“

Mastodon mag auf den ersten Blick wie ein Twitter-Klon aussehen aber das System hinter der Microblogging-Plattform ist etwas komplexer. Der Dienst ist dezentralisiert. Nicht im Sinne einer Blockchain. Die werde ich auch noch genauer unter die Lupe nehmen und in einem Beitrag thematisieren. Sie beschreibt sich selbst als „Federation“. Mit Föderation, in diesem Kontext, ist eine Form der Dezentralisierung gemeint, die anstelle eines zentralisierten Dienstes, den alle Menschen nutzen, mehrere Dienste, die von einer beliebigen Anzahl von Menschen zur Verfügung gestellt und genutzt werden kann.

Eine Mastodon-Webseite kann selbstständig funktionieren. Genau wie bei einer herkömmlichen Webseite, melden sich die Benutzer*Innen an, posten Nachrichten, laden Bilder hoch und sprechen miteinander. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Webseite können jedoch Mastodon-Webseiten mit den Nutzern interagieren und auch ihre Nutzer können untereinander kommunizieren. So als ob man eine E-Mail von einem Gmail-Konto an jemanden schickt, der bei beispielsweise bei Fastmail, ProtonMail oder einem anderen E-Mail-Anbieter registriert ist. Solange man die Adresse des Empfängers kennt, kann man jeden auf einer beliebigen Seite mit seiner Adresse erwähnen oder benachrichtigen.

Wie läuft die Sache mit der Registrierung/Anmeldung?

Wenn man ein Konto zum ersten Mal erstellt, wählt man einen Server aus (Ähnlich wie bei der Eröffnung eines E-Mail-Kontos bei einem Provider), der die Adresse des Profils generiert. Wenn man sich zum Beispiel über den „ioc.exchange“ bei Mastodon anmeldet, lautet die Adresse @[Benutzername]@ioc.exchange. Unabhängig davon, bei welchem Server man sich anmeldet, kann man mit Benutzern von anderen Servern kommunizieren, so wie Gmail-Nutzer beispielsweise Protonmail-Nutzer anschreiben und umgekehrt. Allerdings kann es sein, dass einige Server andere Server blockieren, da sie nicht so ganz miteinander klarkommen (Gründe hierfür sind beispielsweise Interessenkonflikte). Folglich kann mit niemandem eines blockierten Servers kommunizieren werden.

Das Mastodon Jargon bzw. die Fachsprache

Mastodon-Benutzer bezeichnen die einzelnen Gemeinschaften im Allgemeinen als „Instanzen“ oder Server. Diese Mastodon-Server können von Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen erstellt und betrieben werden, die jeweils ihre eigenen Regeln für die Anmeldung von Benutzern sowie ihre eigenen Moderationsrichtlinien haben. Bei einigen Servern kann jeder mitmachen, während andere nur auf Einladung oder mit Genehmigung eines Administrators betrieben werden. Ein Server für professionelle Wissenschaftler verlangt beispielsweise, dass die Bewerber einen Link zu ihrer Forschung angeben, um zu zeigen, dass sie tatsächlich in einem professionellen akademischen Kontext bzw. Umfeld arbeiten.

Die Wahl des Servers, auf dem man das eigene Konto registrieren möchte, mag aufwändig erscheinen – Aber es ist möglich, das Konto später wieder zu verschieben. Aus diesem Grund ist die Auswahl des Servers nicht fundamental bzw. unumkehrbar. Außerdem kann man nach wie vor anderen Personen folgen, unabhängig davon, auf welchem Server man sich befindet.

Mastodon verwendet ein standardisiertes, offenes Protokoll zur Umsetzung des Verbunds. Es wird als ActivityPub bezeichnet. Jede Software, die von und durch die Federation über ActivityPub implementiert wird, kann nahtlos mit Mastodon kommunizieren, genau wie Mastodon-Webseiten miteinander kommunizieren.

Das Fediverse („federated universe“) ist die Bezeichnung für alle Webseiten, die über ActivityPub und das www (World Wide Web) miteinander kommunizieren können. Dazu gehören alle Mastodon-Server und auch andere Implementierungen wie:

  • Pleroma – Ein modulares Microblogging-System
  • Pixelfed – Eine föderierte Plattform für die gemeinsame Nutzung von Bildern, mit der man Medienbeiträge teilen und konsumieren kann
  • Misskey – Das neben Microblogging auch ein anpassbares Dashboard enthält
  • PeerTube – Mit dem man Videos in Kanäle hochladen kann
  • Plume – Mit dem man längere Artikel veröffentlichen kann
  • Und viele mehr, da es sich um individuelle und persönliche Webseiten handelt

Mastodons Äquivalent von Tweets werden als „Toots“ bezeichnet. Doch dieser Begriff scheint nicht mehr so beliebt zu sein und wird von den Nutzern eher als „Posts“ bezeichnet. Dennoch wird der Begriff „Toot“ immer noch auf älteren Clients von Drittanbietern verwendet.

Es unterstützt eine Reihe von Twitter-Konventionen wie Antworten, Retweets, Favoriten, Lesezeichen und Hashtags. Aber Retweets werden als „Boosts“ bezeichnet und es unterstützt nicht das Konzept der Zitat-Tweets. Dies war eine bewusste Entscheidung des Gründers. Seiner Meinung nach ermutigt es das Individuum mit der Audienz zu interagieren, statt mit einer spezifischen Person.

Auch die Mastodon-Listen scheinen etwas anders zu funktionieren als bei Twitter, da man nur Personen zu einer Liste hinzufügen kann, denen man bereits folgt. Und Direktnachrichten auf Mastodon sind nur Beiträge mit dem @Benutzernamen, keine privaten Nachrichten, die in einem DM-Posteingang landen.

Was klassifiziert Mastodon als Open Source?

Jeder kann Mastodon herunterladen, verändern und auf seinem eigenen Server installieren – Das Urheberrecht liegt nicht bei den Entwicklern der Plattform.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass man den Code von Mastodon ohne Quellenangabe einfach so übernehmen kann, wie die Social-Media-Plattform des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, „Truth“ im Jahr 2021, die Runde machte. Freie Software steht in der Regel unter der Lizenz AGPL. Diese erlaubt es, den Code zu benutzen und zu verändern, wenn man sich dabei an die Lizenzvereinbarungen hält. Die AGPL-Lizenz schreibt vor, dass die Software auch nach ihrer Veränderung öffentlich zugänglich bleibt. Das soll verhindern, dass kommerzielle Anbieter*Innen sich den Code aneignen, ohne der Allgemeinheit etwas zurückzugeben.

Gibt es im Vergleich zu Twitter irgendwelche Nachteile?

Soweit ich es beurteilen kann, ist die Nutzerbasis von Mastodon im Vergleich zu Twitter immer noch sehr klein. Es ist vergleichsweise auch weitaus weniger intuitiv zu bedienen, da es nicht für ein großes globales Publikum wie Twitter ausgelegt ist. Dies kann sich aber mit der Zeit ändern. Vor allem dann, wenn sich dem Projekt mehr Entwickler anschließen.

Und da die Ausstattung, damit sind die Hardware-Ressourcen gemeint, von Mastodon noch nicht so gut ist wie die von Twitter, funktioniert es scheinbar hin und wieder nicht so gut. In den letzten Tagen war der Dienst zeitweise träge, wenn nicht sogar völlig zum Stillstand gekommen, da sich die Server an den massiven Zustrom neuer Nutzer erst anpassen mussten. Dies kann sich auch auf andere Bereiche der Nutzung auswirken. Vor allem wenn man versucht, auf die Schnelle eine Reihe von Freunden auf dem Dienst zu folgen, und feststellt, dass man zwischendurch warten muss, weil Restriktionen auftreten.

Was sind die Vorteile von Mastodon im Vergleich zu Twitter?

Allem voran, es ist Open Source und vor allem dezentral. Ob es dem Twitter-Hype gleichkommt, kann ich mir persönlich nicht vorstellen. Einige Nutzer können Mastodon jedoch Twitter vorziehen, da es von Natur aus individueller anpassbar ist. Im Gegensatz zu Twitter haben die einzelnen Communities unterschiedliche Inhaltsrichtlinien, die eine Vielzahl von unterschiedlichen Nutzererfahrungen ermöglichen, die man so bei Twitter nicht hat. Und obwohl die Nutzerbasis auf Mastodon kleiner ist, kann dies manchmal zu persönlicheren und direkteren Gesprächen führen, als wenn man sozusagen ins Leere tweetet.

Wie steht es mit der Sicherheit?

Mastodon ist das, was man daraus macht. Aufgrund des dezentralen Charakters von Mastodon, kann man den eigenen Wünschen entsprechend, ein kontrolliertes Online-Erlebnis, mit strengeren Schutzmaßnahmen gegen Belästigungen erschaffen, wenn man einen Server erstellt. Einige Mastodon Funktionen existieren explizit für die Eindämmung von Belästigungen. Man kann zum Beispiel nur nach Hashtags suchen. Nicht aber nach Wörtern, die in einem Beitrag vorkommen. Wenn man also möchte, dass ein Beitrag auffindbar ist, kann man es taggen. Wenn das Publikum eingeschränkt werden soll, kann niemand den Tweet über beispielsweise „Teureres Parfüm“ finden, indem nach „Teureres Parfüm“ gesucht wird, wenn es nicht getagged wurde.

Eine textbasierte Suche kann jedoch Beiträge anzeigen, die man selbst geschrieben, favorisiert oder geboosted hat. Auch sind die Beiträge auffindbar, in denen jemand die eigene Person erwähnt oder getagged hat..

Der Dienst verfügt über eine weitere praktische Funktion, die es Nutzern ermöglicht, direkt im Erstellungsfeld eine Inhaltswarnung zu einem Beitrag hinzuzufügen. Einige Mastodon-Nutzer haben sich in letzter Zeit einen Spaß daraus gemacht und andere gewarnt, dass ihr Beitrag ein Twitter-Drama zum Inhalt hat.

Können Bilder/Medien gepostet werden?

Wie bereits erwähnt, unterstützt Mastodon viele Twitter-Konventionen. Die Unterstützung für Medien ist jedoch relativ begrenzt. Twitter untertützt eine Vielzahl von Medien und anderen Daten, die man an Tweets angehängten kann. Einschließlich der eignen sozialen „Spaces“, die Audio, Fotos, Videos, GIFs, Umfragen, genaue Ortsangaben und experimentelle „Status“-Tags enthalten. Mastodon unterstützt lediglich Bilder, Videos, Audio und Umfragen.

Man kann einem Beitrag bis zu vier Bilder mit einer Größe von bis maximal 8 Megabyte hinzufügen. Videos und Audiodateien können beliebig lang sein, die Dateigröße ist jedoch auf 40 Megabyte begrenzt.

Kann man privat Freunden schreiben/posten?

Ähnlich wie bei Twitter soll es den Nutzern möglich sein, die Sichtbarkeit der Tweets durch die „Circle-Funktion“ einzuschränken. So bietet Mastodon die Möglichkeit, die Privatsphäre eines Beitrags zum Zeitpunkt der Erstellung festzulegen. Beiträge können so eingestellt werden, dass sie für alle sichtbar sind. Auch so, dass sie nicht gelistet werden. Man kann sie von den „discovery features“ ausschließen. Nur für die eignen Follower sichtbar machen oder nur für die ausschließlich erwähnten Nutzer sichtbar machen.

Kann man wie bei „Twitter-Blue“ verifiziert werden?

Es gibt kein universelles Verifizierungssystem wie bei Twitter. Einige Server überprüfen die Benutzeranmeldungen und man kann sich in gewisser Weise selbst verifizieren. Dies macht man, indem man Links zu dem eigenen Mastodon-Profil hinzufügt. Diese müssen ein bestimmtes Attribut (rel=“me“) haben, um zu beweisen, dass man die Person ist, die man vorgibt zu sein.

Einige Server machen sich zurzeit mit der Verifizierung auf eine weniger offizielle Art und Weise einen Spaß. Auf dem Server mstdn.social kann man beispielsweise dem Anzeigenamen blau-weiße Häkchen und andere Emoji hinzufügen, die einen verifiziert aussehen lassen, obwohl diese Emojis keinerlei Bedeutung haben – So ähnlich wie das neue Verifizierungssystem von Twitter, nur kostenlos! 😉

Ist Mastodon hier, um zu bleiben?

Mastodon erfährt einen massiven Zustrom neuer Nutzer von Twitter. So viel ist jedenfalls klar. Ob sich dieses Wachstum fortsetzen kann, wird sich zeigen. Mit nur 1,8 Millionen Nutzern am Tag ist Mastodon weitaus kleiner als Twitter, welches Stand heute über 206 Millionen täglich aktive Nutzer zählt, die darüber hinaus auch noch monetisiert werden können. Dennoch sind nicht alle sozialen Netzwerke gleich und vielleicht zieht man es auch vor, auf einem eigenen Server über Spiele zu plaudern, anstatt in ein Reich des Wahnsinns zu twittern. Oder aber man ist fasziniert von dezentralisierten Systemen und macht allein schon aus diesem Grund mit.

Kann man von Twitter zu Mastodon cross-posten?

Ja, dies scheint mithilfe von Tools von Drittanbietern möglich zu sein. So kann man mit den gängigen Autorisierungen, Twitter-Posts direkt zu Mastodon weiterleiten. Hierzu gibt es bereits einige Repositories auf GitHub, die man dafür nutzen kann. Auf GitHub und Repositories gehe ich in einem späteren Beitrag ein.

Fazit

Alles in allem finde ich Open Source Anwendungen grundsätzlich gut. Ob sich Mastodon durchsetzen wird, lässt sich in diesem Augenblick wohl eher schlecht als recht sagen. Auch sollte man nicht vergessen, dass sich im Jahr 2019 das rechtsradikale Netzwerk „Gab“ mit ungefähr einer Millionen Nutzer*Innen auf Mastodon niederließ und damit eines der größten Knotenpunkte darstellte. Aus diversen Foren habe ich erfahren, dass Administratoren vieler Instanzen Gab blockiert haben (Hierfür ist ein einfacher Eintrag in den Einstellungen der jeweiligen Instanz nötig).

Folglich wurden Nachrichten „Toots“ von Gab nicht mehr weitergeleitet, man konnte die Nachrichten auch nicht mehr in der öffentlichen Timeline sehen und man konnte Gab Nutzer nicht suchen bzw. finden. Die Entwickler*Innen von Mastodon selbst distanzierten sich umgehend von Gab. Ich bin jetzt auf jeden Fall mal dabei und werde mich die Tage, falls ich etwas Zeit finde, mehr damit beschäftigen. So gesehen, war ich bereits ende 2018 mal online, doch irgendwie wurde der Server scheinbar gelöscht. Heute findet man mich auf Mastodon über @coezbay@ioc.exchange – Erst einmal nicht so aktiv und eher aus Forschungszwecken dabei 😉

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